Mietrecht von A bis Z

Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Wer in einer Großstadt wie Berlin lebt, kann der Geißel kaum entfliehen: Sie heißt Lärm und tritt mannigfaltig auf: Lärm von der Straße, von den Bahngleisen, aus der Luft, von der nahe gelegenen Baustelle, aus der Kneipe, von den übrigen Hausbewohnern, von Kindern, das Hundegebell, der nicht zu identifizierende Pfeifton im Hause usw. usw. In Zeiten bewußter Lebensweise sind immer mehr Menschen nicht mehr bereit, sich ohne Not der Lärmbeeinträchtigung auszusetzen, sie suchen sich deshalb die „ruhige“ Wohnung.


Der Hausbesitzer, dessen Haus an einer lauten Verkehrsstraße liegt, bekommt dies als erstes zu spüren. Seine Wohnung wird dadurch stigmatisiert, dass sie nach dem Mietspiegel abgewertet wird. Das zum Mietspiegel ergangene Straßenverzeichnis kennzeichnet Straßen mit sehr hoher Lärmbelastung.
Aber auch Gaststätten, dazu mit Biergarten im Sommer, sind für viele Wohnungssuchende ein rotes Tuch. Andererseits suchen aber oft dieselben Leute unbedingt eine zentral gelegene Wohnung, von der man zur nächsten U-Bahn, zum nächsten Bäcker, zum nächsten Supermarkt usw. nur wenige Schritte zurücklegen muss. Insofern ist nicht alles bei einer Wohnung unter einen Hut zu bekommen. Entsprechend schwierig gestaltet sich deshalb auch die Frage, ob Lärm gleich welcher Art, zu einer Mietminderung berechtigt. Wer eine Wohnung, die an einer lauten Verkehrsstraße liegt, anmietet, kann sich später auch nicht deshalb auf ein Minderungsrecht berufen. Das Gleiche gilt, wenn das Haus an einer Eisenbahnstrecke oder aber unter der Flugschneise liegt. Anderes kann sich nur ergeben, wenn der Flughafen nach Vertragsabschluss eröffnet wurde oder wenn eine bisher eher ruhige Straße zu einer Durchgangsstraße umgewidmet wurde. Entscheidend sind die Umstände bei Vertragsabschluss.

Lärm ist, sofern man die Vorzüge des modernen Lebens beibehalten will, vielleicht reduzierbar, aber nicht vermeidbar. Der Gesetzgeber hat entsprechende Vorschriften erlassen. Auch das Land Berlin hat seine Lärmverordnung. Danach ist es in der Zeit von 22:00 bis 06:00 Uhr verboten, Lärm zu verursachen, durch den andere Personen in ihrer Nachtruhe gestört werden können. Des weiteren regelt diese Vorschrift Ruhezeiten. So ist es verboten, an Werktagen von 06:00 bis 07:00 Uhr und von 20:00 bis 22:00 Uhr sowie an Sonn- und gesetzlichen Feiertagen, Lärm zu verursachen, durch den andere in ihrer Ruhe objektiv unzumutbar gestört werden können. Was objektiv unzumutbar ist, ist ebenfalls nicht leicht zu beantworten. Die Betroffenen empfinden den Lärm unterschiedlich. Deshalb hat der Gesetzgeber eine verbindliche Orientierung für Lärmbeeinträchtigungen vorgegeben. Die Lärmverordnung bezieht sich auf das Bundesimmissionsschutzgesetz und dieses wiederum fordert für Geräusche sowohl als Immission wie auch als Emission nachvollziehbare Beurteilungskriterien. Danach ist Lärm messbar. Die Messwerte werden in Dezibel (Abkürzung: dB/A) ausgedrückt.

Eine objektive Lärmbeeinträchtigung und damit auch ein Mangel der Mietsache liegt vor, wenn der sogenannte Beurteilungspegel für Tageslärm von 35 dB/A und/oder für Nachtlärm von 25 dB/A überschritten wird. Hier kann sich ein Vermieter auch nicht damit entschuldigen, dass der Mieter bei Vertragsabschluss habe erkennen müssen, dass er an eine laute Verkehrsstraße zieht. Diese Bewertung hängt damit zusammen, dass bei Überschreiten der vorgenannten Werte auch eine Gesundheitsbeeinträchtigung unterstellt wird.
Allerdings arbeiten die Gerichte bei Mietstreitigkeiten weniger mit Dezibel-Werten als mit dem Begriff der Zimmerlautstärke, insbesondere dann, wenn der Mieter Hellhörigkeit seiner Wohnung einwendet. Als Kriterium dienen hier nicht physikalische Schallpegelwerte, sondern andere Umstände. Die Gerichte fragen, ob in der Wohnung eine normale Unterhaltung möglich ist oder nicht oder ob zum Beispiel ein Telefongespräch ungestört geführt werden kann. Ist dies nicht der Fall, liegt eine Beeinträchtigung vor. Jede Wohnung muss so gestaltet sein, dass normal geführte Gespräche den Nachbarn nebenan nicht stören. Kann dieser jedes Wort auch dem Sinn nach mithören, ist die Wohnung hellhörig und berechtigt den Mieter zur Minderung. Eine Ausnahme machen die Gerichte dann, wenn es um Kinderlärm geht. Zur natürlichen Entwicklung eines Kindes gehöre eben auch das ausgelassene Spiel mit Toben und Schreien. Solches müsse von der Umwelt und damit auch vom Mieter grundsätzlich hingenommen werden. Ein Minderungsrecht wird erst dann bejaht, wenn der Kinderlärm das normale Maß erheblich und nachhaltig überschreitet.


Der Autor ist Rechtsanwalt der Kanzlei Klasen und Hennings in Berlin mit dem Tätigkeitsschwerpunkt im Mietrecht.

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